Mittwoch, 19. Februar 2014

Portfolio "Religion in der Literatur" - 1 Religion im Laufe der Zeit



1 Die Religion im Laufe der Zeit

1.1 Die frühe Zeit

8. bis 10. Jahrhundert
Die Zeit der Völkerwanderung ist vorbei und die Kulturen der Germanen vermischen sich mit denen der römischen und somit auch mit dem Christentum, was ihre bisherige Lebensweise von Grund auf verändert. Religiöse Schriften und Bücher im Allgemeinen werden von Mönchen in ihren Klöstern niedergeschrieben. Junge Mönche erlernen die lateinische Sprache anhand der Bibel und theologischer Schriften, sie sind somit die einzige Schicht der Gesellschaft die des Lesens und Schreibens mächtig ist. Die Klöster entwickeln sich zu Zentren des geistigen Lebens und das Leben eines Mönches ist somit geprägt vom Lernen und Lehren.

1.1.1 Werke und Autoren

Der Großteil aller überlieferten Werke ist in der lateinischen Sprache verfasst. Überlieferte christliche Dichtungen aus dieser Zeitspanne ist zum Beispiel das umfangreiche Epos „Heliand“ von einem unbekannten Sachsen, welcher über ein weitreichendes Wissen verfügt hat. Dieses Epos ist im Auftrag von König Ludwig entstanden und behandelt die Inhalte der Bibel, um sie den Menschen in ihrer Sprache vorlesen zu können. Der Dichter schafft es, die vier Evangelien in eine Erzählung einzuarbeiten, was man Evangelienharmonie nennt. Da die Religion einen großen Einfluss auf den Wohlstand der Gesellschaft ausübt, hat der Autor auch germanische Vorstellungen und Überzeugungen – betreffend ihrer Auffassung des Schicksals – eingearbeitet und so an die Denkweise der Menschen angepasst, um ihnen das Verständnis zu erleichtern. Dieses Werk soll die frohe Botschaft von Gottes Liebe und seiner Ansicht von Recht und Unrecht wiedergeben, nach dem die Menschen ihr Leben führen sollen.
Als ein weiteres Beispiel dieser frühzeitigen christlichen Literatur lässt sich „Muspilli“, geschrieben von einem unbekannten Autor, nennen. Bei Muspilli handelt es sich um ein Schriftstück aus dem 9. Jahrhundert, bei welchem Anfang und Ende fehlt. Der Titel bedeutet so viel wie „Weltuntergang durch Feuer“ und gliedert sich in zwei Teile. Im ersten streiten sich Teufel und Engel um die Seele eines eben verstorbenen Menschen, was Ähnlichkeit mit dem viel jüngeren Werk „Faust“ von Goethe aufweist. Im zweiten Teil schildert der Autor eindrucksvoll den Weltuntergang, als sich der Antichrist, welcher auf der Seite Satans steht, und Elias, welcher sich für Gott einsetzt, bekämpfen. Als das Blut Elias‘ auf die Erde tropft beginnt der Weltuntergang, der von einer Zusammenfassung über Recht und Unrecht gefolgt wird. Schließlich tritt das Heer des Himmels auf, das Lebende und Toten vor das himmlische Gericht stellt, der Ort, an dem niemand etwas verbergen kann. So werden jene, die in ihrem Leben gesündigt haben, bestraft.

1.2 Das Hochmittelalter

12. bis 13. Jahrhundert
Im Hochmittelalter gibt es drei Stände: die Bauern, die Ritterschaft und die Geistlichkeit, auch Klerus genannt. Im Laufe der Geschichte betrachtet die Gesellschaft die Geistlichen immer mit Ansehen. Sie sind immer in den obersten Reihen der Stände vertreten und üben so einen großen Einfluss auf das einfache Fußvolk aus. Die Geistlichkeit teilt man in dieser Zeitepoche ein in Mönche und Weltgeistliche, außerdem unterscheidet man zwischen niederen und höheren sogenannten „Weihen“. Wie bereits weiter oben beschrieben, gelten die Mönche in der frühen Zeit als Kulturträger. Nun lösen sie allerdings die Ritter in dieser Rolle ab. Die Ritter wissen über das Leid und die Bestrafung Bescheid, welche ihnen droht, wenn sie sich nicht ehren- und tugendhaft verhalten. Das ständige memento mori ist ein Wegbegleiter aller, und damit auch die Religion.
Durch den damaligen niederen Wissensstand – im Gegensatz zu heute – sind die einfachen Menschen leichtgläubig und erzittern vor Angst, wenn sie hören was ihnen alles im Leben nach dem Tod zustoßen könnte, wenn sie ihr Leben nicht nach den festgeschriebenen Regeln der Bibel, also von Gott selbst, gestalten.
Die Mönche sind immer noch gleichzeitig Gelehrte, und somit auch Dichter und Schreiber. Im Hochmittelalter entwickelt sich erstmals eine einheitliche Dichtersprache, in der keine Dialektwörter und derbe Ausdrücke aufscheinen. Die Großteil der literarischen Werke sind religiöser Natur und immer noch in lateinischer Sprache verfasst. Doch langsam entwickelt sich eine eigene Gruppe von Dichtern und daraus höfische Dichter.

1.2.1 Werke und Autoren

Wolfram von Eschenbach behandelt in „Parzival“ die Legende der Grals, welche auch in der heutigen Zeit viel Stoff für Verschwörungstheorien und Gerüchte bietet. Heutzutage spricht man, wenn man vom Gral spricht, von dem Kelch Jesus‘, in welchem er bei seinem letzten Abendmahl das Wasser in Wein gewandelt hat und ihn mit seinen Jüngern geteilt hat. In Parzival handelt es sich bei dem Gral um einen nicht irdischen Stein, dem eine göttliche Kraft innewohnt. Er spendet den Gralshütern Speis und Trank und verspricht ewiges Leben.
Parzival wird im Wald aufgezogen, flieht jedoch und möchte Ritter werden. Er wird dazu erzogen, nicht so viel zu reden, und dies nimmt er allzu wörtlich. Es geschieht, dass er die Gralsburg findet, es aber niemandem erzählt. Daraufhin handelt er sich die Ungunst der Gralsbotin ein, auf die er mit Hass auf Gott reagiert. Solange er sich dieser Feindschaft Gott gegenüber nicht entledigt, ist er dazu verdammt, ewig umherzuirren und den Gral nie wieder zu finden. Doch an einem Karfreitag bahnt sich seine innere Wandlung an: Er lässt sein Pferd ohne Befehle laufen und landet bei einem Einsiedler. Dort verweilt er vierzehn Tage und verlässt ihn als Gralskönig. Durch seine Lektion ist er über das Amt des Arthusritters hinausgewachsen. Aus Parzival erfährt man, dass der Grund für das Tun eines Ritters nicht im Hochmut liegt, sondern in der Bereitschaft Gott zu dienen und sich ihm voll und ganz zu unterwerfen. Das Ideal des christlichen Ritters ist somit Gott zu dienen und der Welt zu gefallen.

1.3 Renaissance, Humanismus, Reformation

15. bis 17. Jahrhundert
Die Renaissance ist eine geistige Bewegung, welche die Wiedergeburt der Antike zum Ziel hat. Man will sich mehr dem Diesseits zuwenden – und das mit voller Lebenslust und Freiheit, sowohl im Glauben als auch in politischer Hinsicht.
Humanismus bezeichnet eine Bestrebung der Wissenschaftler, die Menschen durch Bildung zu veredeln, was die Menschen der Antike ihrer Meinung nach bereits geschafft haben. Aus dieser Strömung entwickeln sich Einzelwissenschaften, in denen sich viele Menschen spezialisieren und so zu mehr Wissen gelangen können. Diese fokussierten Forschungen hinsichtlich der Wissenschaft, stehen in großem Gegensatz zu den theologischen Überzeugungen dieser Zeit. So kommt es zu Auseinandersetzungen und Streitigkeiten zwischen Kirche und Wissenschaft. Ein berühmtes Beispiel dafür sind Kopernikus und Galileo Galilei, die das kirchliche geozentrische Weltbild durch ihr Modell – dem heliozentrischen – wiederlegen. Die Kirche ist der Auffassung, dass die Erde und somit auch Rom, der Mittelpunkt der Erde sei und nicht wie Galileo mutmaßte, die Sonne. Im Kapitel „Religion und Wissenschaft“ gehen wir noch näher auf diese Thematik ein.
Die Reformation bedeutet eine religiöse Bewegung zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Begründer der daraus resultierenden Kirchenspaltung ist Martin Luther, der seine 95 Thesen an die Tore der Schlosskirche in Wittenberg nagelt. Es folgen Streitigkeiten zwischen den Anhängern von Luther und den Anhänger des römischen Papsttums. Luther übersetzt das Neue Testament vom Griechischen und das Alte Testament aus dem Hebräischen ins damalige Deutsche. Durch seine Übersetzung kritisiert er die Paptisten maßgeblich, denn nach seiner Übersetzung wird klar, dass der Mensch selbst zu Glaubenswahrheiten finden kann und somit nicht auf die Kirche angewiesen ist. Außerdem stellt er fest, dass kein Ablassbrief der Welt nötig ist, um die eigene Erlösung zu erlangen. Jeder ist selbst für sein Schicksal verantwortlich. Die Gnade Gottes und die Erlösung Christi können die Menschen von ihren Sünden befreien und so vor dem allseits gefürchteten Fegefeuer gerettet werden. Die Kirche hat bis zu diesem Zeitpunkt die vehemente Auffassung vertreten, dass der Mensch sich nur vor einem qualvollen Leben nach dem Tod retten kann, wenn er sich und seine Verwandten mit einem Ablassbrief freikauft.
Auch heute noch weckt diese gravierende Fehlinformation der Kirche gegenüber ihrer naiven und gläubigen Anhänger Misstrauen in die Kirche und deren Oberhäupter. Der Ablasshandel gilt als Verrat an den Grundsätzen der Kirche und an Gott selbst. Die damaligen Oberhäupter haben die Unwissenheit der verzweifelten Menschen ausgenutzt, um neue Paläste zu bauen, unter anderem den Petersdom, und sie außerdem im Glauben gelassen, nur den Zahlenden erwartet das Paradies nach dem Tod.
Die literarischen Werke driften immer mehr auseinander. Durch die Erfindung des Buchdruckes können Werke außerdem schneller weiterverbreitet werden und so erfahren auch immer mehr Bürger Bildung. Für das breite Fußvolk entstehen so etwa volkstümlich-unterhaltende Werke epischer und dramatischer Art, Komödien, Satiren, Predigten oder religiöse Streitschriften. Man entfernt sich dabei zwar stetig etwas mehr von religiösen Inhalten, doch sie spielen immer noch eine große Rolle im Leben jedes Einzelnen. Für Gelehrte ist das Standardwerk lateinisch geschriebener Herkunft.
Martin Luther schafft es nebenbei mit Kirchenliedern, die Gemeinschaft der Gläubigen zu vereinen und ihnen durch den gemeinsamen Gesang Hoffnung zu geben.

1.4 Das Barock

17. Jahrhundert
Protestanten und Katholiken kämpfen im 30-Jährigen Krieg gegeneinander und ziehen eine Spur der Verwüstung durch die Länder. Viele Gebiete sind nicht mehr bewohnbar und viele Menschen fallen Kämpfe, Seuchen und dem allwährenden Hunger zum Opfer. Die Pest verbreitet sich aufgrund des Krieges schneller als sie es ohne getan hätte und verursacht noch mehr Leid bei den vom Schicksal gerüttelten Menschen.
Die Fürsten auf den Fürstenhöfen lassen sich unterdes von ihren Untertanen als göttlich feiern und verehren. Die Ambivalenz zwischen den einfachen Bürgern, die in Not und Elend leben und dem Adel steigert sich noch, als riesige und prunkvolle Schlösser mitsamt großen Gartenanlagen gebaut werden und der Adel Tag und Nacht ausgelassene Feste feiert. Die Gesellschaft teilt sich nun ein in Herrschende, Vornehme und Untertanen. Diese Ständeordnung wird als gottgegeben hingenommen.
Gottes Rolle ist in dieser Zeit klar festgelegt: er entsendet die Fürsten in seinem Auftrag und diese haben nur vor ihm Rechenschaft abzulegen. Die Konfession des Landesherrn ist außerdem Pflicht für alle seine Untertanen und wer sich nicht fügt, wird verbannt oder verbrannt. Zudem werden Hexenverbrennungen im Namen der Kirche angeordnet, auf die wir später noch genauer eingehen werden. Neben den Hexenverbrennungen stehen auch Judenverbrennungen auf dem Tagesplan. Sie werden jedoch meist nicht aus religiösen, sondern aus finanziellen Gründen gejagt und nicht selten auch verjagt.
Aufgrund der wichtigen Stellung Gottes wundert es nicht, dass auch die Literatur und die Kunst des Barocks oftmals von christlichen Motiven geleitet werden.

1.4.1 Werke und Autoren

Wichtige literarische Werke sind zum Beispiel „Der abenteuerliche Simplicissimus“ von Grimmelshausen, „Buch der deutschen Poeterey“ von Martin Opitz und „Ibrahim“ von Daniel Casper von Lohenstein. In allen literarischen Werken erhält Gott eine Rolle und alle Werke sollen der Erziehung des Menschen dienen.

1.5 Die Aufklärung

18. Jahrhundert
Die Aufklärung ist von den zwei Strömungen Rationalismus und Empirismus geprägt. Sie besagen, dass alles durch den Verstand erklärbar sein muss, damit es wahrhaftig wahr ist. Diese Strömungen haben auch bei der Kirche Veränderungen hervorgerufen. Die Lehrsätze der beiden Kirchen sind im 16. Jahrhundert erstarrt. Der Pietismus ist eine neue Bewegung, die die Kirche und deren Lehrsätze reformieren möchte und eine Erneuerung des frommen Lebens herbeisehnt. Die Aufklärung bietet den Grundstein der Religionskritik und der Hinterfragung der festgelegten Lehrsätze und Lehren der Kirche. Vor allem die katholische Kirche erlebt während der Zeit der Aufklärung viel Kritik, da sie ihre Macht missbraucht.
Viele Menschen erkennen, dass die Lehrsätze des 16. Jahrhunderts bei Gebrauch der Vernunft und des Verstandes anzweifelbar sind. Die Menschen wollen jedoch trotz aller Kritik und allen Zweifeln an den kirchlichen Dogmen an einer Religion festhalten können, die jedoch auch nachvollziehbar und vernünftig ist und deshalb nicht vollständig auf reinem Glauben beruht. So entstehen die „Vernunftreligionen“. Der „Deismus“ zum Beispiel besagt, dass Gott zwar die Welt erschaffen habe danach jedoch nicht mehr in ihre Geschichte eingegriffen hat.
Die religiöse Literatur übernimmt die Rolle eines Lehrers, der den Menschen Moral beibringen sollte, aufgrund derer dann alle die richtigen Handlungen ausführen können, die im Auge der Kirche als „richtig“ gelten.

1.5.1 Werke und Autoren

So behandelt Gotthold Ephraim Lessing in seinem Werk „Nathan der Weise“ zum Beispiel die Frage nach der „wahren“ Religion. Ein weiteres Werk Lessings aus dieser Zeit ist „Emilia Galotti“. Doch auch zu dem Thema „Vorurteile gegenüber anderen Religionen“ gibt es später mehr.
Das meistzitierte Werk der deutschen Literatur erscheint erstmals Ende des 18. Jahrhunderts und behandelt das Motiv einer Wette zwischen Gott und dem Teufel – Goethes Faust. Die Moral dieses Werkes lässt sich immer wieder finden: Das Böse gewinnt keine Überhand über das Gute, denn:
„Ein guter Mensch in seinem dunklen Drange
Ist sich stets des rechten Weges bewusst.“[1]
Faust wird im Folgenden noch im Kapitel „Religion und Wissenschaft“ ausführlich behandelt.

1.6 Die Romantik

18. und 19. Jahrhundert
In der Romantik spielt die Poesie eine zentrale Rolle. In der poetischen Literatur findet der Autor in jedem noch so kleinen Teil der Natur etwas Schönes und Anmutiges, das es zu beschreiben lohnt. Die ursprüngliche Wildheit und Schönheit der Natur sei durch die „modernen“ Epochen und Denker zerstört bzw. in den Hintergrund gerückt. Durch die Aufklärung und der beiden Strömungen Rationalismus und Empirismus sei der Mensch dazu erzogen worden, in jedem Ding die Nützlichkeit und Verwertbarkeit zu erforschen, was für die Romantiker verwerflich ist, denn in jeder Sache steckt göttliches und nur das Bestehen von so vielen Dingen ist Grundlage für das Sein.
Die Romantik legt ihr Augenmerk auf Wunderlichkeiten, Unbekanntes, Mythen und die Fantasie. Dadurch lehnt sie die Naturwissenschaften ab, da sie keine Geheimnisse mehr lassen. Umso mehr sehen sie den Glauben als Idealvorstellung um die Poesie zu leben, da jeder Glaube von Unwissenheit geprägt ist und sich somit fantastische Erklärungen sucht für alles Existierende. Folglich sehen die Romantiker das Mittelalter als die perfekte Zeit an, da damals alle Menschen im Glauben vereint gewesen sind.
Für die Dichter der Zeit ist Gott in der Natur zu finden, viele von ihnen machen sich alleine auf Wanderschaft, um näher zu Gott und dadurch auch näher zu sich selbst zu finden. Alle romantischen Gedichte sind geprägt von einer unstillbaren Sehnsucht nach verschiedenen Dingen oder Menschen.
Viele Romantiker hegen eine Vorliebe für Volksmärchen, da in ihnen alles passieren kann und somit der Fantasie keine Grenzen gesetzt sind. Die Religion spielt in diesen Werken jedoch nur eine unbedeutende Rolle, da die Geschehnisse meist von Magie durchzogen gewesen sind.

1.6.1 Werke und Autoren

Wichtige Autoren dieser Zeit, die sich in ihren Werken von der Religion und Gott inspirieren haben lassen, sind Clemens Brentano und Joseph von Eichendorff.
Weihelied zum Ziel und Ende
(Clemens Brentano)
Herr, Gott, dich will ich preisen,
Solang mein Odem weht,
O hör auf meine Weisen,
O sieh auf mein Gebet.
Bin ich im Himmel oben,
Da lern ich andern Sang,
Da will ich hoch dich loben
Mein ewig Leben lang.
Jetzt laß dir wohlgefallen
Mein treu einfältig Lied
Muß doch ein Kindlein lallen,
Wenn es die Mutter sieht.
Nun hab ich auch gesehen,
Wie du so väterlich,
Will nun nichts mehr verstehen
Als dich, mein Vater, dich.
Ich saß in meiner Kammer,
Sah trüb ins Leben hin,
Die Seele rang in Jammer,
Voll Sorge war mein Sinn;
Da floß ein heilig Sehnen
Mir in das öde Herz,
Da brach mein Blick in Tränen
Und schaute himmelwärts.
Da war dein Himmel offen,
Stern traf in Augenstern,
Mein Glauben, Lieben, Hoffen
Fand Gnade vor dem Herrn.
Das Lied, das ich verschwiegen,
Das Lied, das leis ich sang,
Sah ich die Engel wiegen
In Davids Harfenklang.
Und sah, den ich gerühret
Mit meinem Lerchensang,
Zum Herrn von mir geführet
Auf einem Dornengang.
Er sang mit mir zusammen
Mit selgem Flug und Fall,
In Gottes Liebesflammen,
Trotz Lerch, trotz Nachtigall![2]
In diesem Gedicht wird klar, dass Clemens Brentano die Vereinigung mit Gott als das höchste Ziel betrachtet, das ein Mensch erreichen kann. Gott gibt ihm Trost und Hoffnung, außerdem steht für Brentano außer Frage, dass es sich bei Gott um einen liebenden und barmherzigen Gott handelt. Er singt dieses Gedicht zu Ehren Gottes und die Wortwahl verdeutlich eine starke Sehnsucht nach ihm und seiner Liebe und Gnade.
Mondnacht
(Joseph Freiherr von Eichendorff)
Es war, als hätt' der Himmel
Die Erde still geküsst,
Dass sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müsst.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis' die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.[3]
Im Gedicht Mondnacht lässt vor allem die letzte Strophe auf eine Sehnsucht nach Gott schließen, denn „nach Haus“ könnte auch sinnbildlich für die Einkehr bei Gott im Paradies bedeuten.

1.7 Das 19. Jahrhundert

Das 19. Jahrhundert ist geprägt vom Vormärz und damit auch der Biedermeierzeit. Die Literatur erlebt zwar einen Aufschwung, aber die Religion steht dabei nicht im Vordergrund. Die Hauptmotive der Autoren sind das Liebliche, Beschauliche und Behagliche. Anscheinend haben sich die Schriftsteller in einer Zeit der Industrialisierung zurückgesehnt in eine einfache und gemütliche Welt.


[1] Johann Wolfgang von Goethe – Faust, der Tragödie erster Teil
[2] Geist und Kleid, Weihelied zum Ziel und Ende – Clemens Brentano, Rütten & Loening Verlag, Potsdam
[3] Mondnacht, Joseph von Eichendorff, 1830

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