Samstag, 20. April 2013

Kulturportfolio - 3 Woyzeck - ein Drama

Dieses Portfolio entstand als Kulturbeitrag für den Unterrichtsgegenstand Deutsch. Ich besuche die vierte Klasse der Handelsakademie in Telfs/Tirol. Für diese gesamte Arbeit (unverbessert, Arbeitsaufgabe 1-5) bekam ich die Note "Sehr Gut". Dieser Text sollte lediglich als Vorlage für jene dienen, die ähnliche Arbeitsaufgaben ausarbeiten müssen. Ich selbst habe mich natürlich auch einigen Quellen bedient, als ich diese Texte ausgearbeitet habe. Das Quellenverzeichnis werde ich ebenfalls hochladen.

3. Arbeitsaufgabe: Besorge dir den Text "Woyzeck" (Büchner) und lies ihn. Wir sehen auch den Film Woyzeck. Gib eine kurze Inhaltsangabe des Werkes und verfasse anschließend
a) eine Charakteristik von zwei FIguren aus dem Film. Eine davon muss der Woyzeck sein, die andere kannst du frei wählen. Stelle die Protagonisten einander gegenüber. Die Form bleibt dir überlassen!
b) Vegleiche im Anschliss Buch und Film und erkläre in Form einer Film-/Buchkritik welche Version du bevorzugst und warum!
c) Zum Schluss schreibe bitte einen Kommentar in dem du dir Gedanken darüber machst, wer heutzutage die sogenannten "Sprachlosen" unserer Gesellschaft sind, wie die dazu geworden sind oder wer sie dazu gemacht hat. Gib deinem Text eine passende (provokante) Überschrift!



3 Woyzeck – ein Drama


3.1 Inhaltsangabe

Woyzeck – geschrieben von Georg Büchner und als unfertiges Dramenfragment 1837 hinterlassen. Erstmals gibt es Karl Emil Franzos 1879 als eine stark überarbeitete Fassung im Druck heraus. Das Drama besteht aus vielen kurzen und für sich alleine stehenden Szenen. Diese Eigenschaft zeichnet ein „offenes Drama“ aus. Die Reihenfolge der Szenen spielt keine Rolle, sie können beliebig ausgewechselt und angeordnet werden.
Im Drama selbst geht es um das Leben des Franz Woyzeck – eines armen Soldaten aus der „Unterschicht“ im 19. Jahrhundert. Mit seiner Freundin Marie hat er vor ungefähr drei Jahren ein uneheliches Kind gezeugt. Um diese beiden Menschen – die einzigen Freunde, die er hat – versorgen zu können, arbeitet er jeden Tag hart und gibt all das Geld, das er verdient, an seine kleine Familie ab.
Der Hauptmann, für den Franz arbeitet, unterdrückt ihn ununterbrochen. Außerdem zeigt er ihm bei jeder gegebenen Gelegenheit, wie sehr er als Vertreter der „oberen Schicht“ Woyzeck als Repräsentant der „Unterschicht“ überlegen ist.
Da Woyzeck sich nicht sehr wohl fühlt und zusätzlich unter Verfolgungswahn zu leiden scheint, sucht er den Doktor auf. Dieser bietet ihm an, gegen Geld an einem Versuch teilzunehmen. Bei diesem Versuch gehe es darum, die Wirkungen der sogenannten „Erbsendiät“ auszutesten. Der Doktor weiß, wie er einen armen Bürger der Unterschicht locken kann und trifft mit der Aussicht auf Geld genau ins Schwarze bei Woyzeck. Dieser verpflichtet sich folglich dazu, jeden Tag nichts anderes als Erbsen zu sich zu nehmen.
Marie beginnt im Laufe der Zeit eine heimliche Affäre mit dem Tambourmajor. Er macht ihr besondere Geschenke und umgarnt sie tückisch. Marie weist ihn, als sie alleine bei ihr zu Hause stehen und er sie küssen will, zuerst zurück. Kurz darauf kann sie jedoch der Anziehungskraft und dem Charme, die von ihm ausgehen, nicht mehr widerstehen und lässt sich zu einem Liebesakt mit ihm verführen. Sie plagen fürchterliche Schuldgefühle deswegen und sie will es um jeden Preis vor Franz geheim halten.
Dieser erfährt zufällig von dem Hauptmann und dem Doktor von seinem Nebenbuhler. Woyzeck kann es nicht fassen. Er entfernt sich von dem Doktor, der nur an seinem körperlichen Befinden Interesse äußert, und dem Hauptmann, der noch eher Verständnis für Woyzeck an den Tag legt.
Franz stellt Marie zur Rede, beschuldigt sie, von einer Sünde befleckt zu sein, die so sehr stinkt, dass man die Engel aus dem Himmel hinaus räuchern könnte. Marie bestreitet jeden Vorwurf, verbietet Franz aber sie anzufassen.
Woyzeck lässt der Gedanke nicht los, dass Marie ihn betrügen könnte. Er spioniert an einem Fenster vom Gasthaus, in dem Musik gespielt und getanzt wird. Als er durch das Fenster blickt, sieht er Marie mit dem Tambourmajor vergnügt tanzen.
Außer sich vor Wut und Verzweiflung läuft er durch Felder und findet in der Nacht keinen Schlaf in der Kaserne.
Als Woyzeck sich gleichzeitig mit dem Tambourmajor im Gasthaus befindet, kommt es zu einem kleinen Kampf, bei dem Woyzeck verliert.
Woyzeck will sich eine Pistole kaufen, hat aber nur genug Geld für ein Messer. Er räumt sein Hab und Gut in der Kaserne auf und überlässt alles seinem Kamerad. Dieser denkt wie alle anderen, dass Woyzeck an Fieber leide, unternimmt jedoch nichts, um ihm zu helfen.
Woyzeck bricht mit Marie zu einem Spaziergang auf, der bei einem See endet. Marie fühlt sich von Anfang an nicht sehr wohl in Franz‘ Gesellschaft und mit ihrem Bauchgefühl sollte sie auch Recht behalten: Woyzeck ergibt sich seien inneren Stimmen und ersticht sie mit dem Messer. Das Ende bleibt offen: Woyzeck will die Mordwaffe verschwinden lassen. Er wirft das Messer in den See, watet hinein und wirft es weiter. Er entscheidet sich dazu, seine Kleidung zu waschen, da sie mit Blut befleckt ist. Die letzten Worte von zwei fremden Personen weisen darauf hin, dass sich nun auch Woyzeck das Leben genommen hat.
Zwischen dem Inhalt von Film und Buch bestehen keine gravierenden Unterschiede, einzig die Szenen sind unterschiedlich angeordnet. Die Reihenfolge spielt jedoch keine Rolle, da es sich bei diesem Werk um ein offenes Drama handelt.

3.2 Charakteristik

3.2.1 Franz Woyzeck

Woyzecks Charakter zeichnet sich dadurch aus, dass er den klassischen unterwürfigen und ungebildeten Bürger des 19. Jahrhunderts darstellt. Dieses Bild verstärkt der Autor zusätzlich noch damit, dass er Woyzeck in die Rolle eines Soldaten schlüpfen lässt. Er hat dadurch sowieso den Befehlen des Hauptmannes zu folgen, aber dass er auch noch die Schikanen des Hauptmannes aushält und sich nicht gegen ihn zu wehren weiß, zeugt davon, dass Woyzeck so oder so kein Mann mit überragendem Selbstbewusstsein ist. Neben der Unterwürfigkeit spiegelt sich in dem Handeln und der Beschreibung von Woyzeck aber auch Hektik und stetige Nervosität.
Woyzeck stellt einen Bürger der unteren Schicht dar, der sich nicht auskennt, nichts in Frage stellt was die obere Schicht anordnet oder sagt und dessen einzige Bildung darin besteht, die Bibel gelesen zu haben, aus der er manchmal zitiert. So zum Beispiel in der Szene, in der er den Hauptmann rasiert:
„Herr Hauptmann, der liebe Gott wird den armen Wurm nicht drum ansehn, ob das Amen drüber gesagt ist, eh‘ er gemacht wurde. Der Herr sprach: lasset die Kindlein zu mir kommen.“[1]
Woyzeck spricht in diesem Zitat den unehelichen Sohn von ihm und Marie an. Marie liebt der arme Soldat von ganzem Herzen, zumal sie auch den einzige Menschen in seinem Leben darstellt, der ihm etwas bedeutet und dem er etwas bedeutet. Er gibt ihr sein ganzes Einkommen, sei es noch so spärlich. Um sie und ihr Kind erhalten zu können nimmt er niedrige Nebenarbeiten an, man kann es auch als Drecksarbeiten bezeichnen. So lässt er sich auch nur vom Geld lenken, als er dem Doktor erlaubt, sich als Versuchskaninchen für eine „Erbsendiät“ zur Verfügung zu stellen. Diese Diät bringt ihn dazu, sich vor ihm selbst zu entfremden. Die Nebenwirkungen der einseitigen Ernährung –Paranoia, anfängliche Schizophrenie, bleiches Gesicht und erhöhter Puls – sind vielleicht sogar die Auslöser für seinen Wutausbruch gegenüber seiner Geliebten, am Ende des Stücks.

3.2.2 Der Doktor

Der Doktor mimt in diesem Stück die Rolle des Gebildeten. Er ist der einzige, der wirklich von sich behaupten kann, Bildung genossen zu haben. Doch leider nutzt er diese Bildung nicht nur, um seinen Mitmenschen zu helfen. Den Soldaten Woyzeck betrachtet er als Casus, als Fall. Die Nebenwirkungen der verschriebenen Erbsendiät findet er äußerst interessant. Der schlechte Zustand des Patienten kümmert ihn nicht, das Einzige für das er Interesse zeigt, sind die Erkenntnisse, die er durch sein Versuchskaninchen erlangt. Der Doktor hat genau gewusst, wie er den Vertreter der unteren Schicht der Gesellschaft locken kann – mit Geld. Er sieht sich selbst als überlegen gegenüber der Unterschicht und nimmt sich somit automatisch das Recht heraus diese zu benutzen, ohne Rücksicht auf Verluste. Der skrupellose Doktor sieht nur seine Laufbahn vor Augen und schikaniert Woyzeck zusammen mit dem Hauptmann in aller Öffentlichkeit noch zusätzlich.


3.3 Film- und Buchkritik

Woyzeck – Geschrieben von Georg Büchner, hinterlassen als Fragment und verfilmt 1979 von Werner Herzog als Regisseur und Klaus Kinski in der Hauptrolle des Franz Woyzeck. Der Stil des Buches wird im Film genauso wiedergegeben, wie man ihn als Leser des Werkes empfindet. Die Kühle und das Dumpfe werden durch triste Umgebungen, schmutzige Gassen und allgemein dunkelgehaltene Kulissen verdeutlicht. Es mag sein, dass einige dadurch die Nähe zu den Schauspielern und der Handlung selbst vermissen, aber meiner Meinung nach passt diese Distanz gegenüber den Figuren perfekt in die Atmosphäre die sich ergibt, wenn man das offene Drama liest.
Von einem Film zu einem verschlüsselten Werk wie Woyzeck erwartet man sich wahrscheinlich eher die Entschlüsselung und das Einfließen der Interpretation des Regisseurs. Aber alleine durch den verzweifelten Woyzeck, den man immer nur mit angespanntem Gesichtsausdruck und unsicherer Mine begegnet, wirkt die Trostlosigkeit des Alltages überwältigend authentisch. Die Gedanken darüber, was der Autor mit diesem Werk ausdrücken wollte und was er sich bei dem Erstellen gedacht hat, kann sich jeder selbst machen. Die Meinung und Sichtweise der Zuschauer wird nicht durch eine abgestempelte Interpretation des Regisseurs getrübt oder verfälscht. Es ist eine Verfilmung eines Dramas mit dem ursprünglichen Werk als Drehbuch.
Die Untermalung durch die etwas eigenwillige Musik weckt das Gefühl von Unruhe und immerwährender Nervosität. Die Sprache jedoch zeigt eine gewisse Volksnähe, da immer wieder Dialekt gesprochen wird.
Abschließend lässt sich sagen, dass für mich persönlich der Film nur die verfilmte Theaterfassung darstellt, deren Kulissen sich als wahre Orte erweisen. Der Film war weniger aufregend und spannend, ungeachtet des herausragenden Hauptdarstellers Klaus Kinski.
Ich persönlich bevorzuge die Buchform, da ich manche Dialoge im Film akustisch nicht verstanden habe. Außerdem treten die Zusammenhänge im Buch viel stärker hervor als im Film.

3.4 Kommentar

Unterdrückt, ausgeschlossen, diskriminiert – die „Sprachlosen“ im Zentrum einer „zivilisierten“ Gesellschaft
„Sprachlos“. Nicht nur jene die nicht sprechen können sind es, im Gegenteil, viele die der Sprache mächtig sind, könnte man so bezeichnen. In diesem Fall versteht man unter „Sprachlos“ jene, die nicht die Fähigkeiten und Mittel besitzen, das zu erreichen, was sie wollen oder was ihnen zusteht.
In der heutigen Gesellschaft sieht und hört man oft von Verbrechen, Menschenrechtsverletzungen, Diskriminierung und Unterdrückung. Was das mit den „Sprachlosen“ zu tun hat? Mehr, als mancher vielleicht glaubt.
Im Werk „Woyzeck“ von Georg Büchner erlebt man mit, wie der ungebildete, arme Soldat Franz von der oberen Schicht schikaniert und ausgenutzt wird. Wieso wehrt er sich nicht? Weil er weder die Macht dazu besitzt, noch die Bildung um überhaupt etwas zu hinterfragen. Er nimmt alle Befehle und Behauptungen der oberen Schicht für bare Münze. Ihm, als Vertreter der Unterschicht, ist keine Bildung zuteil geworden, obwohl er bestimmt nicht dumm wäre.
Bildung spielt auch in unserer heutigen Zeit eine wichtige Rolle. Die Zukunft eines jeden Einzelnen liegt in deren Händen. Wie bereits Kant gesagt hat: „Tretet aus eurer selbst verschuldeten Unmündigkeit hervor“. Jeder kann selbst entscheiden wie er sein Leben meistert, aber einen Hauptbestandteil, der nötig ist, um überhaupt etwas erreichen zu können, ist die Bildung. Jeder in Österreich hat Zugang zu vielen öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Universitäten, Weiterbildungskursen, Hochschulen, Fachschulen usw. Ganz anders sieht die Situation in den armen Regionen der Welt aus. So haben zum Beispiel die Frauen der Taliban keine Rechte. Nein sogar weniger Rechte als Tiere. Sie werden in den afghanischen Gebieten ausnahmslos als Gebärmaschinen und Haushälterinnen betrachtet. Es ist ihnen verboten zu arbeiten, etwas zu lernen, sich außerhalb des Hauses ohne ihren Mann aufzuhalten, etwas anderes als die lange Burka zu tragen und sogar laut zu lachen. Alle Frauen der Taliban leiden unter diesen Vorschriften und können sich nicht gegen die Männer wehren. Bei einem Aufstand werden sie gesteinigt, ausgepeitscht oder grausam misshandelt oder ermordet. Sie sind wahrlich sprachlos.
Einen Anteil der „Sprachlosen“ der Gesellschaft in Österreich macht ohne Zweifel die ältere Schicht aus. Im Werk Sibirien von Felix Mitterer erhält man als Leser einen Einblick in die Gefühlswelt eines alten Mannes, der von seinen Kindern in ein Altersheim „deportiert“ worden ist. Er fühlt sich von den Trends der modernen Welt überfordert, zu einem Kleinkind degradiert, im Stich gelassen von seiner Familie und menschenunwürdig behandelt von dem Pflegepersonal. Es ist nicht sehr abwegig, dass sich in Wirklichkeit viele alte Menschen als Außenseiter sehen. In einer modernen Welt, in der der technische Fortschritt mit jedem Tag voranschreitet, fühlt man sich schnell nicht mehr dazugehörig. Das Problem liegt darin, dass viele Personen die alten Mitmenschen nicht mehr beachten und sogar so weit gehen, sie zu diskriminieren. Um einem solchen unvorteilhaften Wandel Einhalt gebieten zu können, ist mehr nötig als bloße Erziehungsmaßnahmen gegenüber den Diskriminierenden. Keiner der alten Menschen kann sich dagegen wehren, in ein Pflegeheim abgeschoben zu werden, vielleicht plagen manche sogar ein schlechtes Gewissen, so viel von ihren Nachkommen abzuverlangen. Doch angenommen jemand leidet an Alzheimer. Derjenige realisiert nicht einmal mehr, dass die Wirklichkeit, die er sieht, nicht die ist, die jeder andere sieht.
Doch nicht nur die moderne Zivilisation leidet unter Unterdrückung und Diskriminierung. Ein Teil der Weltbevölkerung leidet tagtäglich unter Existenzängsten und verliert sogar jeden Tag ein Stück mehr des Lebensraumes, der ihnen eigentlich zusteht. Die Rede ist von Naturvölkern in den Regenwäldern, welche auf Befehl der Großkonzerne abgeholzt werden, ohne Rücksicht auf die Population, die in den wertvollen Naturschätzen lebt. Niemand der Eingeborenen hat auch nur die geringste Chance sich gegen die Großkonzerne zu wehren. Es gibt zwar Organisationen, die sich für den Erhalt der Regenwälder einsetzen, aber gegen den Druck der Produktionsbetriebe, die die Rohstoffe für die Produkte brauchen, die wiederum die Konsumenten benötigen, können keine Organisationen der Welt etwas ausrichten, auch nicht wenn sie noch so viele Mitglieder haben.
Alles in allem kann man sagen, dass es überall auf der Welt noch viele Sprachlose gibt. Ich persönlich hoffe jedoch, dass sich die Situation jener hilflosen Menschen verbessern wird. Allerdings muss man dabei betonen, dass es ein Ding der Unmöglichkeit darstellt, diese Veränderungen innerhalb von wenigen Tagen zu vollziehen. Für jedes Problem innerhalb der Gesellschaft braucht es eigene Lösungsansätze, denn jedes Problem muss anders gehandhabt werden. Aber fest steht, dass ein Umdenken in den Köpfen der Einzelnen stattfinden muss. Es rücken vermehrt die materiellen Güter in den Fokus des Interesses, wo sich eigentlich die sozialen und menschlichen Werte befinden sollten. Es lässt sich nicht im Entferntesten abschätzen, wie die zukünftigen Veränderungen auf diesem Gebiet aussehen werden. Doch bei dem aktuellen Stand der Dinge, muss man fast auf ein Wunder hoffen, wenn man auf eine positive Entwicklung hoffen will.


[1]
RECLAMS UNIVERSAL-BIBLIOTHEK Nr. 18420 Georg Büchner - Woyzeck, 6. Szene, S. 16

1 Kommentar:

  1. Bevor man den Woyzeck interpretiert, sollte man ihn verstehen. Das ist gar nicht so einfach. Insbesondere lässt sich der Mordkomplex mit seinen rituellen Aspekten kaum mit einem Sozialdrama vereinbaren. Tatsächlich hat Georg Büchner, als der die Mordszene verfasste, überhaupt nichts mit der sozialen Thematik am Hut, denn in der Urfassung gibt es weder einen Doktor noch einen Hauptmann. Allerdings bereits den vermeintlichen Wahnsinn bzw. die Stimme aus dem Boden. Sie offenbart und identifiziert (das wird gerne übersehen) durch den Familiennamen das weibliche Opfer, es heißt Margreth Woyzeck. Erst in der übernächsten Handschrift wird daraus die Marie Zickwolf. Wenn sie schließlich ausruft: "Das Kind gibt mir einen Stich ins Herz" heißt es aufpassen. Denn welches Kind meint sie? Das das kurz vorher eigentlich völlig überflüssigerweise (aber möglichst auffällig) das Messer gekauft hat und dem die Stimme aus dem Boden aufträgt, das weibliche Opfer zu erstechen?
    Mehr dazu auf www.georg-buechner.net

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