Montag, 11. Februar 2013

Interpretation Sehnsucht von Joseph Eichendorff



Interpretation – Sehnsucht


Die Romantik - Liebe, Sehnsucht, Treue, Freundschaft, Perfektion, Fernweh und Einsamkeit stellen die Autoren dieser Epoche gerne in Gedichten und Geschichten dar. In der Zeit der gewaltvollen Umgestaltung Europas durch Napoleon und der Unsicherheit vor der Zukunft, spielt das geschaffene Perfekte in den Erzählungen eine große Rolle. Die Menschen schaffen sich mit fantasievollen und wunderschönen Kulissen eine zweite Realität, die – wenn auch nur für kurze Zeit – von der unangenehmen Wirklichkeit ablenken sollte.


Das Gedicht „Sehnsucht“, erschienen 1834 und geschrieben von Joseph Eichendorff, beinhaltet die typischen Motive der Epoche der Romantik. Es besteht aus 3 Strophen mit jeweils 8 Versen, welche Eichendorff im Kreuzreim geschrieben hat. Genau in der Mitte der 24 Verse beginnt ein Lied, welches ein weiteres Motiv der Romantik darstellen sollte: die Musik.

In der ersten Strophe beschreibt das Ich die Situation. Man erkennt als Leser, dass es sich in einem Raum befindet und von diesem nach draußen sieht. Dies symbolisiert meines Erachtens gleichzeitig ein Gefängnis, in das es sich eingeschlossen fühlt und die Freiheit nach der es sich sehnt. Draußen sieht man in einer klaren Sommernacht die Sterne am Firmament funkeln. Die Sterne – für das Schöne und wunderbare stehend – und die Sommernacht – die man sich automatisch warm und golden vorstellt – bilden wieder zwei typische Motive der Romantik. Die Verse

„Am Fenster ich einsam stand
Und hörte aus weiter Ferne
Ein Posthorn im stillen Land.

Das Herz mir im Leibe entbrennte,
Da hab ich mir heimlich gedacht:
Ach, wer da mitreisen könnte
In der prächtigen Sommernacht!“

drücken durch bestimmte Worte ein Fernweh aus, das in der Brust des Ichs entbrennt, wenn er die Weiten des Landes erblickt, wie es zum Beispiel durch „Das Herz mir im Leibe entbrennte“ verdeutlicht wird. Aber die nachfolgende Zeile drückt aus, dass das Ich sich eigentlich nicht traut, diese Gedanken laut auszusprechen – vielleicht weil die Vorstellung ganz einfach als zu unrealistisch gilt.


In der zweiten Strophe kommen nun zwei Wanderer ins Spiel, die die Sehnsucht nach Abenteuern und Reisen im Herzen des Ichs noch weiter steigert. Ab der Hälfte der zweiten Strophe singen die beiden ein Lied von den Begebenheiten der Natur, in die sie auf ihrer Reise bereits verwickelt gewesen sind. Von der friedvollen Welt, wie sie das Ich kennt, lässt sich in der Welt der Wanderer nichts erkennen. Für mich drückt die leidenschaftliche Beschreibung der Natur eine unruhige Freude aus, die sie tagtäglich begleitet, mit ständiger Vorfreude auf das nächste Abenteuer.


Die dritte Strophe setzt das Lied der zwei Gesellen fort, jedoch singen sie hier von der Natur wie sie der Mensch geschaffen hat – Marmorbilder, Paläste, Gärten und Brunnen. In dieser Strophe schwingt meiner Meinung nach Bedauern mit, über die Bauten der Menschen.  Joseph Eichendorff beendet diese aber auch die erste Strophe mit „In der prächtigen Sommernacht.“. Die Parallele bedeutet für mich, dass sowohl das Ich – gefangen und sehnsüchtig – als auch die beiden Wanderer – frei und zufrieden – sich der Natur erfreuen können. Die Natur wiederum gilt als weiteres typisches Motiv der Romantik. 


Im Gegensatz zu heute hat es damals nicht die Möglichkeit gegeben mit Flugzeugen rund um die Welt zu reisen. Allerdings findet man teilweise wieder die Motive der Romantik in der heutigen Literatur. Der Boom um die Genre „Fantasy & Sci-Fi“ erinnert stark an die Realitätsflucht von damals. Auch heute wollen Menschen die Realität ausblenden und an eine Welt und Zukunft glauben, die es eigentlich nicht gibt und nie geben wird. 


Eigenartig, dass Realitätsflucht in einer Zeit in der wir alles haben, überhaupt als notwendig erscheint.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen