5 Von damals bis heute
Es war einmal ein junges
Mädchen namens Sophie. Ihr Zuhause war eine heimelige Hütte nahe einem dunklen
Wald. Ihre Eltern lebten mit ihr in diesem Häuschen. Ihr Vater hackte
gelegentlich in dem nahegelegenen Wald Holz für einen geringen Lohn und ihre
Mutter arbeitete zu Hause. Ihre wenigen Freunde lebten alle in der Stadt in der
man nach ungefähr einer Stunde Fußmarsch angelangte. Sophie durfte nicht zur
Schule gehen, ihre Mutter erklärte ihr, dass das nur Jungs dürften. Sie fand
das schade, ihre Neugier war geradezu grenzenlos und alles was neu war,
interessierte sie zutiefst. Es war gerade Sommer und zurzeit besonders heiß und
schwül. Da Sophie ihrer Mutter gerne beim Kochen half, ging sie eines Tages in
den Wald um Kräuter zu suchen. Die kühle Waldluft bot eine willkommene
Abwechslung zur drückenden Schwüle auf den offenen Feldern. Sie sprang mit
ihrem Körbchen hin und her, ständig auf der Suche nach den duftenden Kräutern
und Pilzen. Sie war froh aus dem Haus gehen zu dürfen. Gerade als Sophie die
Tür schloss, meinte sie gehört zu haben, wie ihr Vater und ihre Mutter anfingen
zu streiten. Das kam häufig vor, aber das Mädchen schlich sich dann immer nach
draußen, um das alles nicht mit anhören zu müssen. Manchmal hörte sie sogar,
wie ihr Vater ihrer Mutter schlug. Ihre Mutter so zu sehen tat ihr sehr weh,
doch sie wusste, dass man sich als Frau nicht gegen die Männer auflehnen
durfte. Ein einziges Mal war es bis jetzt vorgekommen, dass sie ihre Mutter
gegen den Vater verteidigen wollte, doch sie kassierte dadurch nur eine Tracht
Prügel. Dieses Ereignis wird ihr ewig im Gedächtnis bleiben, denn noch nie sah
sie so große Angst in den Augen ihrer Mutter aufflackern. Aber sie wollte nicht
länger an die schlimmen Dinge denken, also konzentrierte sie sich weiter auf
das Kräuter und Pilze suchen. Doch es dauerte nicht lange und ihre Gedanken
schweiften wieder ab.
Morgen war Sonntag und sie freute sich schon sehr darauf, ihr schönes selbstgemachtes Kleid in die Kirche anzuziehen mit den schicken Sonntagsschuhen, die ihre Mutter ihr mit dem ersparten Geld als Weihnachtsgeschenk gekauft hatte. Aber abgesehen von den schönen Kleidern freute sie sich außerdem darauf, den Sohn des Wirtes von dem Gasthaus in der Stadt wieder zu sehen. Sie wusste, dass sie keine gemeinsame Zukunft vor sich hatten, zumal ihr Vater bereits einen „tüchtigen und ehrbaren“ Mann für sie ausgesucht hatte, den sie heiraten sollte, um ein besseres Leben führen zu können als ihre Eltern. Aber trotzdem genoss sie die Zeit, die sie mit ihm verbringen konnte, sei sie noch so rar. Auf dem Weg in die Stadt sah Sophie immer wieder denselben Bettler am Wegesrande sitzen. Da sie von ihren Eltern gut erzogen worden war und es ihr im Herzen schmerzte, an einem so armen Mann vorbeizugehen, gab sie ihm jedes Mal entweder etwas Kleines zu essen, oder ein paar Münzen, die sie von ihrem eigenen Ersparten opferte.
Morgen war Sonntag und sie freute sich schon sehr darauf, ihr schönes selbstgemachtes Kleid in die Kirche anzuziehen mit den schicken Sonntagsschuhen, die ihre Mutter ihr mit dem ersparten Geld als Weihnachtsgeschenk gekauft hatte. Aber abgesehen von den schönen Kleidern freute sie sich außerdem darauf, den Sohn des Wirtes von dem Gasthaus in der Stadt wieder zu sehen. Sie wusste, dass sie keine gemeinsame Zukunft vor sich hatten, zumal ihr Vater bereits einen „tüchtigen und ehrbaren“ Mann für sie ausgesucht hatte, den sie heiraten sollte, um ein besseres Leben führen zu können als ihre Eltern. Aber trotzdem genoss sie die Zeit, die sie mit ihm verbringen konnte, sei sie noch so rar. Auf dem Weg in die Stadt sah Sophie immer wieder denselben Bettler am Wegesrande sitzen. Da sie von ihren Eltern gut erzogen worden war und es ihr im Herzen schmerzte, an einem so armen Mann vorbeizugehen, gab sie ihm jedes Mal entweder etwas Kleines zu essen, oder ein paar Münzen, die sie von ihrem eigenen Ersparten opferte.
Wenn sie dann in der kleinen
Stadt ankamen, war es immer dasselbe Szenario: wohin sie ihre Köpfe wandten,
überall begegneten ihnen Blicke der Verabscheuung. Die Städter hielten sich
gemeinhin für etwas Besseres, deshalb versuchte Sophie sich besonders elegant
und höflich zu geben, sobald sie einen Fuß in die Stadt setzte. Nach der Kirche
trafen sich die Städter in dem Gasthaus. Sie tanzten, lachten und aßen gemeinsam
an einem Tisch. Meistens wurden die neuesten Gerüchte beredet. Sophie erfuhr
vor einigen Wochen, dass eine Frau, welche ein ungeborenes Kind gebar, aus der
Stadt verbannt wurde und nie wieder zurückkehren durfte.
Vollkommen in ihre Gedanken
und Träume versunken, übersah sie eine große Wurzel, über die sie nun
stolperte. Sie stoß sich den Kopf an einem Stein und wurde bewusstlos. Jemand
schrie „Sophie! Sophie!“ Nach wenigen Minuten – oder waren es nur Sekunden? –
wachte sie wieder auf.
Sophie lag in ihrem Bett und
dachte über den merkwürdigen Traum nach. Alles fühlte sich so real an, als wäre
sie gefangen in jener Zeit in jenem Körper des Mädchens. Bald war der Traum
vergessen, sie blickte auf die Uhr und sah, dass sie verschlafen hatte und ihre
Mutter sie aufgeweckt hatte. Kurz überlegte sie, ob sie heute von der Schule zu
Hause bleiben sollte, sie hatte sowieso keine Lust darauf. Doch dann entschloss
sie sich, dass sie diesem Tag schon noch irgendwie überstehen würde, es war
sowieso Freitag. Sie stand vor ihrem Kleiderschrank und konnte sich wieder
einmal nicht entscheiden was sie anziehen sollte. Sie hatte so viele
Kleidungsstücke, die sie eigentlich nie anzog und mit all den Stücken fast 2
Kleiderschränke voll. Trotzdem entschied sie sich spontan am Nachmittag shoppen
zu gehen. Sie ging die Stufen nach unten, an ihrem Vater vorbei und fragte ihn
im Vorbeigehen was es heute zu Mittag gäbe. Da Sophie die Antwort nicht gefiel,
schuf sie ihm kurzerhand an, etwas Anderes zu kochen, was besser schmecken würde.
Ihre Mutter war die Chefin eines großen Konzerns und war deshalb sehr selten zu
Hause. Ihr Vater war öfter zu Hause und kümmerte sich um sie, so gut es eben
ging. Doch bei den vielen Freunden oder Affären seiner Tochter, machte er sich
nicht einmal ansatzweise die Mühe, den Überblick zu wahren und auf dem
Laufenden zu bleiben. Als sie das Haus verließ, joggte sie zur Bushaltestelle
und fuhr damit die kurze Strecke in die Schule. Dort angekommen tratschte sie
sofort mit ihrer Freundin über den heutigen Abend. Sie planten bereits seit
Wochen, dass sie an diesem Freitag bis spät in die Nacht ausgehen würden, um
sich ein paar Jungs anzulachen. Beide freuten sich schon sehr darauf und
diskutierten darüber, was sie wohl anziehen sollten.
Auf dem Weg ins Einkaufscenter sahen die beiden Freundinnen einen Bettler auf dem Straßenrand sitzen. Sie sahen sich an, begannen laut zu prusten und machten sich sogar über ihn lustig. Als er schließlich aufstand und ging, äfften sie ihn nach, bis er außer Sichtweite war. Sie folgten weiter dem Weg in das Shopping-Center. Dabei rannten sie an dutzenden Städtern vorbei, die gehetzt ihrem Alltag nachgingen und die Menschen in ihrem Umfeld nicht allzu große Beachtung schenkten.
Am Abend tranken beide so viel, dass sie nicht mehr richtig bei Sinnen waren. Nachdem ihnen die Jungs langweilig wurden, verließen sie den Club und machten sich auf den Heimweg. Da sie auf High-Heels unterwegs waren und sie beide bereits über die Grenzen angeheitert waren, geschah es, dass eine der beiden Mädchen eine Gehsteigkante übersah und mit dem Kopf hart auf dem Asphalt aufschlug. Die Andere bückte sich schnell und versuchte ihre Freundin aufzuwecken. Sie schrie „Sophie! Sophie!“. Doch dieses Mal wachte sie nicht mehr auf.
Auf dem Weg ins Einkaufscenter sahen die beiden Freundinnen einen Bettler auf dem Straßenrand sitzen. Sie sahen sich an, begannen laut zu prusten und machten sich sogar über ihn lustig. Als er schließlich aufstand und ging, äfften sie ihn nach, bis er außer Sichtweite war. Sie folgten weiter dem Weg in das Shopping-Center. Dabei rannten sie an dutzenden Städtern vorbei, die gehetzt ihrem Alltag nachgingen und die Menschen in ihrem Umfeld nicht allzu große Beachtung schenkten.
Am Abend tranken beide so viel, dass sie nicht mehr richtig bei Sinnen waren. Nachdem ihnen die Jungs langweilig wurden, verließen sie den Club und machten sich auf den Heimweg. Da sie auf High-Heels unterwegs waren und sie beide bereits über die Grenzen angeheitert waren, geschah es, dass eine der beiden Mädchen eine Gehsteigkante übersah und mit dem Kopf hart auf dem Asphalt aufschlug. Die Andere bückte sich schnell und versuchte ihre Freundin aufzuwecken. Sie schrie „Sophie! Sophie!“. Doch dieses Mal wachte sie nicht mehr auf.